Das Bundesgericht hat entschieden, dass eine wegen Drogenhandels verurteilte Nigerianerin Anspruch auf eine Überprüfung ihres Urteils hat. Die Frau war 2021 in einem abgekürzten Verfahren zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt und für acht Jahre des Landes verwiesen worden.
In ihrer Revisionsanfrage machte die Verurteilte geltend, sie sei Opfer von Menschenhandel gewesen und habe unter schweren psychischen Störungen gelitten. Daher sei ihre Zustimmung zum abgekürzten Verfahren mit einem schweren Willensmangel behaftet gewesen. Das Waadtländer Kantonsgericht hatte ihre Revisionsanfrage für unzulässig erklärt und die vorgelegten Beweismittel nicht berücksichtigt.
Das Bundesgericht kritisiert diese Vorgehensweise scharf. Es betont, dass neue Beweismittel, die einen schweren Willensmangel belegen könnten, durchaus zulässig seien. Die kantonalen Richter hätten die von der Frau vorgelegten Atteste einer Psychologin und von Hilfsorganisationen für Menschenhandelsopfer prüfen müssen. Zudem hätten sie die Aussagen der Frau während der Untersuchung berücksichtigen sollen, in denen sie angab, unter Todesdrohungen nach Europa geschickt worden zu sein.
Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte müssen Staaten potenzielle Opfer von Menschenhandel identifizieren und schützen. Die Tatsache, dass die Frau anwaltlich vertreten war, entbinde den Staat nicht von dieser Pflicht. Das Bundesgericht hat den Fall zur erneuten Prüfung an das Kantonsgericht zurückgewiesen.